Sotto comando tedesco

Ue, Germania, rapporti potenza, forze armate

Gfp     130603
 
Sotto comando tedesco

–       Secondo analisti politico-militari la Germania rischia di perdere influenza nella politica internazionale:

o   gli Usa, sempre più rivolti ad Oriente, si aspettano sempre meno dalla cooperazione militare con essa;

o   nella UE, Londra e Parigi cooperano sempre più strettamente, e con l’appoggio Usa marginalizzando militarmente Berlino, come hanno dimostrato le guerre in Libia e Mali.

–       Secondo l’ISPK – Istituto per la politica di Sicurezza di Kiev – la Germania sarebbe ad un bivio per la politica di sicurezza:

o   assumere l’iniziativa per la politica di sicurezza in Europa, o divenire irrilevante.

–       Varie le opportunità offerte alla Germania per assumere l’offensiva:

 

–       1. decidere di lasciare a lungo termine le batterie Patriot schierate in Turchia nel quadro di una iniziativa di Usa-Turchia-Germania-Olanda per un Nato Missile Defense Center, scelta lungimirante, non per la guerra in Siria, per l’armamento dell’Iran.

–       2. Puntare di più sulla marina, che non è più usata nel Nord Atlantico, nel Mar del Nord e nel Baltico, ma potrebbe esserlo nel Mediterraneo e nell’Oceano Indiano,

o   che i militari considerano il “mare chiave” nella contesa con la Cina per l’egemonia; qui sono destinati ad aumentare gli interessi strategici, politici ed economici europei e tedeschi. È più facile ottenere mandati per la marina, sono minori i rischi di perdite.

 

–       3. Si potrebbe pensare di far divenire una base stabile la presenza della marina tedesca a Djibuti, dove è dal 2008.

–       4. È politicamente molto importante che le navi da guerra tedesche siano integrate nel Carrier Strike Group della marina Usa; si dovrebbe pensare alla possibilità di integrarle anche nei gruppi britannici e francesi.

–       5. Occorre accelerare la creazione di unità multinazionali; i previsti tagli ai bilanci in tutti i paesi UE rendono indispensabile unire le forze. Oggi ci sono oltre 15-20 marine e aereonautiche nell’Europa della Nato e nella UE

–       La recente proposta di creare una aeronautica franco-tedesca è rischiosa, dato che la Francia, come la GB, ha autonomia militare. È meglio per la Germania sviluppare la cooperazione con piccoli alleati (Polonia, Olanda, Danimarca, Svezia), dipendenti dalla operazione con altri paesi non essendo non ancora in grado di avere un alto livello di tecnologia bellica, e con i quali Berlino non rischia di perdere il predominio nelle strutture militari.

–       Nel quadro di due dichiarazione di intenti per una maggiore cooperazione militare tra Germania-Olanda,  e Germania-Polonia, da tempo richieste dagli specialisti militari per accrescere la forza di attacco della Bundeswehr:

Germania-Olanda

o   dal genn. 2014, una brigata olandese di 2100 soldati, la 11° Airmobile, sarà integrata nella Divisione “forze di schieramento rapido”;

–       sono complessivamente in programma 3 dozzine di progetti, tra questi:

–       i due paesi coordineranno più strettamente armamenti e manutenzione,

o   ad es. i carri armati Boxer;

o   oppure per la costruzione dei droni MALE (Medium Altitude, Long Endurance)  

–       si cercherà di integrare reparti delle forze armate olandesi nelle strutture militari tedesche: le due marine si addestreranno assieme, sarà intensificato il trasporto aereo militare congiunto.

–       La cooperazione militare Germania-Olanda è iniziata nel 1995, quando a Münster (Germania occidentale, è entrato in servizio il 1° Corpo tedesco-olandese; nel 2002 lo stato maggiore locale è stato riconosciuto come “Quartier generale Nato di schieramento rapido”; oggi esso può impiegare fino a 80 000 soldati.

–       La cooperazione bilaterale è stata sperimentata in operazioni internazionali, ex Iugoslavia, in Afghanistan soprattutto, e nel Corno d’Africa.

–       Germania-Polonia

o   La cooperazione tra la marina militare tedesca e polacca, iniziata alcuni anni fa’, diverrà più stretta, anche nelle operazioni belliche.

o   28 i progetti discussi, dall’addestramento congiunto, alla cooperazione nella cantieristica navale, al pattugliamento congiunto del Mar Baltico, compresa la preparazione di operazioni comuni.

Gfp      130603

Unter deutschem Kommando

03.06.2013

BERLIN/DEN HAAG/WARSCHAU

–          (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr kündigt die dauerhafte Unterstellung einer ausländischen Kompanie unter deutsches Kommando an. Der Schritt, mit dem ab Januar 2014 rund 2.100 niederländische Soldaten in die "Division Schnelle Kräfte" integriert werden, ist das Resultat einer Absichtserklärung, die die Verteidigungsminister der beiden Länder letzte Woche in Berlin unterzeichnet haben.

–          Insgesamt sind drei Dutzend Vorhaben für eine engere Streitkräfte-Kooperation geplant. Eine zweite, ähnlich gelagerte Absichtserklärung haben ebenfalls vergangene Woche die Verteidigungsminister Deutschlands und Polens unterzeichnet. Demzufolge werden nun die Kriegsmarinen beider Länder noch enger als zuvor kooperieren – Kriegseinsätze inklusive. Die Intensivierung der militärischen Zusammenarbeit wird von Militärpolitik-Spezialisten schon lange gefordert, um die Schlagkraft der Bundeswehr zu erhöhen. Dabei heißt es, Berlin tue gut daran, die Kooperation vor allem mit kleineren Staaten zu suchen: Anders als Frankreich oder Großbritannien gelten diese wegen ihres geringeren Machtpotenzials als fügsamere Verbündete.

Der Bundeswehr unterstellt

–          Deutschland und die Niederlande werden ihre Streitkräfte in Zukunft enger verschmelzen. Dies geht aus einer Absichtserklärung hervor, die der deutsche Verteidigungsminister und seine niederländische Amtskollegin letzte Woche in Berlin unterzeichnet haben. Die Rede ist von einer "neue(n) Qualität" in der bilateralen Militärkooperation.[1]

–          Tatsächlich sieht die Absichtserklärung nicht nur vor, dass beide Länder Rüstung und Instandhaltung enger koordinieren: So könnten Panzer, etwa der Boxer, in Zukunft gemeinsam gewartet werden; bei der Beschaffung von MALE (Medium Altitude, Long Endurance) Drohnen wolle man sich ebenfalls absprechen, heißt es in dem Dokument.[2]

–          Darüber hinaus wird aber auch die Integration von Teilen der niederländischen Streitkräfte in die deutschen Militärstrukturen angestrebt.

o   So sollen nicht nur die Marinen beider Länder gemeinsam trainieren und der gemeinsame militärische Lufttransport [3] intensiviert werden.

o   Zu den rund drei Dutzend Kooperationsprojekten, die die Absichtserklärung nennt, gehört auch das Vorhaben, eine komplette niederländische Brigade in eine deutsche Einheit einzubinden. Wie das Verteidigungsministerium mitteilt, wird die 11. Airmobile Brigade der niederländischen Streitkräfte, die rund 2.100 Soldaten umfasst, "der deutschen Division Schnelle Kräfte unterstellt".[4] Niederländische Militärs kämpfen demnach künftig unter dem Kommando der Bundeswehr.

Besondere Verdienste

–          Die deutsch-niederländische Militärkooperation, die laut Verteidigungsminister Thomas de Maizière noch weiter intensiviert werden soll, geht auf langjährige Vorbereitungen zurück. Bereits am 30. August 1995 wurde im westdeutschen Münster das I. Deutsch-Niederländische Korps in Dienst gestellt. Im November 2002 wurde der dortige Stab als "schnell verlegbares NATO-Hauptquartier" ("High Readiness Force Headquarters") zertifiziert; das Deutsch-Niederländische Korps kann nun bis zu 80.000 Soldaten im Einsatz führen.

–          Die bilaterale Kooperation ist mittlerweile auch in den weltweiten Operationen des westlichen Militärbündnisses erprobt; im einstigen Jugoslawien, vor allem aber in Afghanistan und teilweise auch am Horn von Afrika sind die Streitkräfte der beiden Länder in den letzten Jahren in enger Abstimmung miteinander vorgegangen.

–          Dabei hat sich ganz besonders der ehemalige Befehlshaber des Bundeswehr-Einsatzführungskommandos hervorgetan, Generalleutnant Rainer Glatz. Am 16. April hat er dafür den höchsten Orden der niederländischen Armee erhalten ("Ereteken voor verdienste in goud"), der für besondere Verdienste um die Unterstützung der niederländischen Streitkräfte verliehen wird.

Deutsche Führung

–          Nur einen Tag vor der Unterzeichnung der deutsch-niederländischen Vereinbarung haben der deutsche Verteidigungsminister und sein polnischer Amtskollege ebenfalls eine Absichtserklärung zum Ausbau der militärischen Kooperation verabschiedet. Im Mittelpunkt steht dabei die Zusammenarbeit zwischen den Marinen beider Länder, die gleichermaßen schon vor Jahren eingeleitet worden ist, jetzt aber massiv intensiviert werden soll.

–          Man habe alles in allem 28 Projekte verabredet, heißt es bei der deutschen Marine; sie reichten "von gemeinsamer Ausbildung" über "Kooperationen beim Schiffsbau" bis hin zu "einer gemeinsamen Überwachung der Ostsee".

–          Auch "gemeinsame(…) Einsätze" sollen demnach vorbereitet werden.[5] Die Umsetzung der Pläne soll in diesem Monat beginnen. Auch hier ist die deutsche Führungsrolle vollkommen unbestritten: Wie der polnische Verteidigungsminister äußert, sei die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr "besonders wichtig für die konzeptionelle Weiterentwicklung der polnischen Marine".

Deutschland am Scheideweg

–          Der strategische Hintergrund der jüngsten Berliner Initiativen lässt sich Analysen militärpolitischer Spezialisten entnehmen. Demnach drohe die Bundesrepublik in der Weltpolitik erkennbar an Einfluss zu verlieren:

–          Die Vereinigten Staaten, die sich zunehmend nach Ostasien orientierten, versprächen sich immer weniger von der militärischen Zusammenarbeit mit Deutschland;

–          zugleich kooperierten innerhalb der EU Paris und London immer enger und drängten – mit Unterstützung aus Washington – Berlin militärisch systematisch an den Rand. Dies zeigten die Interventionen in Libyen und Mali sehr deutlich.[6]

–          Die Bundesrepublik stehe "am sicherheitspolitischen Scheideweg", heißt es etwa in einem Text, den ein Mitarbeiter des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK) im Februar veröffentlichte [7] und der in transatlantischen Kreisen auf Interesse stieß. Berlin habe die Wahl: "Übernahme sicherheitspolitischer Initiative in Europa oder Abdriften in die Irrelevanz."

Expeditionäre Ziele

–          Wie es in dem Text weiter heißt, gebe es mehrere Möglichkeiten, militärpolitisch wieder in die Offensive zu gelangen.

o   So könne man etwa beschließen, die in der Türkei stationierten Patriot-Batterien dort auf Dauer zu belassen – im Rahmen einer multinationalen "Initiative für ein NATO Missile Defense Center".[8] Dies sei nicht wegen des Krieges in Syrien sinnvoll, sondern wegen der Aufrüstung Irans, dessen "Raketen- und Nuklearprogramme" in Zukunft ohnehin eine erneute "Verlegung der Patriots in die Türkei erfordern" könnten. Daneben lohne es, stärker auf die Marine zu setzen. "In Nordatlantik, Nord- und Ostsee"

o   werde sie zwar "heute nicht mehr gebraucht". Doch warteten "expeditionäre Aufgaben im Mittelmeer und im Indischen Ozean".

o   Vor allem der Indische Ozean wird von Militärs schon seit geraumer Zeit als "Schlüsselmeer" im Hegemonialkampf gegen China eingestuft (german-foreign-policy.com berichtete [9]).

o   Wie der ISPK-Mitarbeiter erklärt, sei es denkbar, die deutsche Marinepräsenz in Djibouti (Ostafrika) "zu einem dauerhaften Standort" auszubauen. "Bündnispolitisch sehr wertvoll" sei es zudem, dass deutsche Kriegsschiffe heute auch in "Carrier Strike Groups" ("Flugzeugträgerkampfgruppen") der U.S. Navy integriert würden.[10]

o   Dies müsse ebenfalls für britische oder französische Verbände in Betracht gezogen werden.

Die Kräfte bündeln

–          Schließlich müsse dringend und mit hohem Tempo, heißt es abschließend, der Aufbau "multinationale(r) Einheiten" vorangetrieben werden. Schon allein die wegen der Krise in sämtlichen EU-Staaten bevorstehenden Haushaltskürzungen machten es unumgänglich, die Kräfte zu bündeln.

 

–          Die kürzlich geäußerte Idee, eine deutsch-französische Luftwaffe aufzubauen [11], sei zwar "sehr bedenkenswert", aber zugleich riskant: Frankreich bestehe – ganz wie Großbritannien – letztlich auf militärischer Eigenständigkeit. "Jede deutsche Initiative sollte somit auf kleinere Partner abzielen" [12], heißt es weiter. Diese sind tatsächlich kaum noch in der Lage, ihre Landesverteidigung auf höchstem militärtechnologischem Niveau dauerhaft zu gewährleisten, und daher auf Kooperationen mit anderen Staaten angewiesen

–          ; zudem besteht aus Berliner Sicht nicht die Gefahr, den dominierenden Einfluss in den militärischen Kooperationsstrukturen an die schwächeren Verbündeten zu verlieren.

[1] Smarte Militärkooperation mit den Niederlanden; www.bmvg.de 29.05.2013

[2] s. dazu Deutsch-niederländische Militärkooperation

[3] s. dazu Effizientere Kriege

[4] Smarte Militärkooperation mit den Niederlanden; www.bmvg.de 29.05.2013

[5] Vertiefung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit; www.marine.de 27.05.2013

[6] s. dazu Die neue Entente Cordiale

[7], [8] Deutschland muss wählen: Sicherheitspolitische Initiative oder Irrelevanz; www.seidlers-sicherheitspolitik.net 20.02.2013

[9] s. dazu Das Schlüsselmeer

[10] s. dazu Vor fremden Küsten und Begleitschutz für Flugzeugträger

[11] s. dazu Führungsstaat im Europa des Krieges

[12] Deutschland muss wählen: Sicherheitspolitische Initiative oder Irrelevanz; www.seidlers-sicherheitspolitik.net 20.02.2013

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Sedlers Sicherheitspolitik           130220

Mittwoch, 20. Februar 2013

 
Deutschland muss wählen: Sicherheitspolitische Initiative oder Irrelevanz

Neben dem Bundestag hat Deutschland 2013 noch eine andere Wahl: Übernahme sicherheitspolitischer Initiative in Europa oder Abdriften in die Irrelevanz. Es gibt über die deutsche Sicherheitspolitik viel Negatives zu sagen, aber ebenso finden sich viele Ansätze zur Initiative. Die Möglichkeiten sind da. Welchen Weg sollte, welchen Weg wird Deutschland wählen?

Am sicherheitspolitischen Scheideweg

–          Mittlerweile kann sich die Bundesregierung nur noch schwer dazu durchringen, Transport- oder Tankflugzeuge zur Unterstützung engster Verbündeter zu entsenden. Und wenn, dann nur mit diversen Vorbehalten. Stattdessen besteht das, was sich deutsche Sicherheitspolitik nennt, seit Jahren vor allem aus Forderungen nach "einem Ende der Gewalt" und "politischen Lösungen". Woher die kommen sollen, lässt allen voran der Außenminister regelmäßig offen. Von der Kanzlerin hört man dazu ebenfalls nichts. Die personifizierte Risikoaversität könnte ja im sehr heiklen Feld der Sicherheitspolitik einen Fehler machen. Einziger Lichtblick bleibt der Klartext redende Verteidigungsminister.

Beschluss des franz.-brit. Kooperationsvertrags

–          Außerhalb Deutschlands versteht aber kaum noch jemand, warum Deutschland tut, was es (nicht) tut. In Washington hat man NATO-Europe und Deutschland als sicherheitspolitischen Partner vielfach abgeschrieben. Franzosen und Briten machen einfach ihr eigenes Ding.

–          Darum hat Deutschland nun zum Erhalt sicherheitspolitischer Handlungsfähigkeit Europas die Wahl: Initiative oder Irrelevanz.

Ersteres hieße, die sicherheitspolitische Zurückhaltung ad acta zulegen und im Ernstfall gemeinsam mit Briten, Franzosen und anderen ad hoc "Out of Area" zu handeln.

–          Die Pläne für eine weitere Reduzierung der Bundeswehr auf 150.000 oder gar 120.000 Mann müssten in diesem Fall geschreddert werden.

–          Nach der Mali-Blamage für die EU und ihre Battlegroups müssten Bundesregierung und Bundestag vielmehr politische Energie in die Umsetzung von Smart Defence und Pooling and Sharing investieren.

Übersicht der NATO und/oder EU-Mitglieder

–          Deutschland müsste "in Führung gehen", um vor allem Partner wie Polen, die Niederlande, Dänemark, Schweden und diverse andere für große Würfe bei der militärischen Kooperation und Integration zu gewinnen.

–          In NATO-Europe und EU zusammen gibt es mehr als 15 Marinen und Luftwaffen sowie mehr als 20 Militärbürokratien. Das geht so nicht mehr.

–          Zweiteres würde lediglich die Fortsetzung des bisherigen Kurses bedeuten: Viel reden, fast alles ausschließen, wenig machen, noch mehr kürzen. Truppenreduzierungen in beliebiger Zahl stünde nichts mehr im Wege. Musikkorps und Wachbataillon wären für die Aufgaben der Bundeswehr dann eigentlich ausreichend.

–          Sicherheitspolitische Lasten würden von französisch-britisch geführten Koalitionen der Willig-Fähigen getragen; mit amerikanischer Rückendeckung. Deutschland wäre in diesem Fall auf Dauer außen vor. Vielen Deutschen würde das gefallen, denn aktive Sicherheitspolitik ist hierzulande nicht gerade populär. Vor der Bundestagswahl dieses Jahr wird sich der für Initiative notwendige politische Wille nicht mehr einstellen. Im Juni 2014 ist eine weitere bundesweite Wahl für das Europäische Parlament. Deutschland läuft bewusst oder unbewusst Gefahr, in die sicherheitspolitische Irrelevanz abzurutschen.

Das Zeitalter großer Bodeneinsätze ist vorbei

–          Wie wäre in Deutschland ein Mandat diskutiert worden, das in Mali den Einsatz von Panzerverbänden, der Luftwaffe und des KSK an der Seite der Franzosen autorisiert hätte? Zweifelsfrei ein offensiver Kampfeinsatz mit Opfern auf der anderen, wahrscheinlich auch Gefallenen auf der eigenen Seite. Alleine beim Gedanken an deutsche Panzervorstöße in der afrikanischen Wüste wäre die Bundeswehr mit Vergleichen zu Rommels Afrika Korps überschüttet worden.

–          Anstatt darüber zu reden, wie man als Europäer nun gemeinsam sicherheitspolitisch handelt und Herausforderungen bewältigt, hätte sich in Deutschland alles um die Frage gedreht: Dürfen wir das tun?

–          Eigentlich ist diese – wie so viele – Debatten in Deutschland völlig überflüssig. Die Antwort des 21. Jahrhunderts lautet: Ja, wir dürfen nicht nur, sondern wir müssen; zumindest so lange, wie Europa als gemeinsamer sicherheitspolitischer Akteur in Sonntagsreden immer wieder beschworen wird.

–          Wer in jeder Regierungserklärung betont, zur europäischen Einigung gäbe es aufgrund der globalen Machtverschiebungen keine Alternative, muss auch dafür sorgen, dass das zu einigende Europa nach außen gemeinsam und entschlossen handelt.

Kanzler Schröder bei der OEF-Vertrauensfrage

Aber im Grunde ist die Masse der Verantwortlichen in Parlament und Parteien wohl nur noch froh, dass sich das afghanische Abenteuer seinem Ende nähert. Glaubt jemand ernsthaft, im Bundestag finden sich in den nächsten zehn Jahren noch mal Mehrheiten für ein Mandat wie ISAF?

Mehrere Tausend Mann, Gewaltanwendung, lange Dauer, eigene Verluste? Die Grünen, aber auch die SPD werden mit ihrer Vergangenheit (Kosovo ’99, OEF ’01) nur zu gerne abschließen wollen. Der FDP waren Auslandseinsätze auch nie wirklich geheuer. Die Union[e] wird an dieser Stelle sicher nicht versuchen, sich ein programmatisches Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten. Das Zeitalter großer Auslandeinsätze am Boden ist vorbei.

–          Nach dem herbeigesehnten Ende von ISAF wird die Bundeswehr nur noch auf dem Balkan mit größeren Kontingenten präsent bleiben, aber durch mittelfristige NATO- und EU-Beitritte auch nicht ewig. Kampfeinsätze werden, soweit die Europäer überhaupt noch können oder wollen, von französisch-britisch geführten Koalitionen der Willig-Fähigen mit amerikanischer Rückendeckung geführt.

Was sollte Deutschland tun?

–          Nun ist es nach den letzten Jahren kinderleicht, Negatives über die deutsche Sicherheitspolitik zu schreiben. Nur ohne deutsche Initiative ist Europa sicherheitspolitisch zum Scheitern verurteilt. Also lautet die Gretchenfrage, wie könnte und sollte Initiative deutscherseits aussehen?

Hierzulande werden gebetsmühlenartig vernetzte Sicherheit und ganzheitliche Lösungen beschworen. Wo sind aber all die vielen Entwicklungshelfer, Polizisten, Ärzte, Ingenieure, Justiz- und Verwaltungsexperten (Liste unvollständig), die gebraucht würden, um den diesen Ansatz umzusetzen?

–          Die Bundeswehr wurde auf dem Balkan und in Afghanistan viel zu oft mit Aufträgen konfrontiert, die eigentlich Polizeiaufgaben sind. Deutschland täte gut daran, in NATO und EU Partner für den Aufbau entweder stehender oder schnell abrufbarer ziviler Kapazitäten zu gewinnen. So einem Kind würde Name EU-NATO Civilian Preventive Action Group sehr gut passen.

Die Zukunft gehört der Marine

–          In der Bundeswehr gehört die Zukunft eher der Marine als der Luftwaffe oder dem Heer. Marineeinsätze sind in Deutschland leichter zu mandatieren. Die Risiken eigener Verluste geringer und Toter auf der Gegenseite erscheinen geringer. Bilder von Schiffen auf blauer See machen sich öffentlich viel besser als Bilder von schwer bewaffneten Fallschirmjägern in der afghanischen Wüste oder Videos von den Einschlägen abgeworfener Bomben.

–          In Nordatlantik, Nord- und Ostsee wird die Marine heute nicht mehr gebraucht. Expeditionäre Aufgaben im Mittelmeer und im Indischen Ozean warten. Wie die Amerikaner Zerstörer in Rota (Spanien) stationieren, könnte sich auch die Marine An- und Abmarschwege sparen und im Mittelmeer einen dauerhaften Standort einrichten.

–          Im NATO- oder EU-Verbund könnte man noch einen Schritt weitergehen und die seit 2008 bestehende Präsenz in Djibouti mit einer Fregatte dauerhaft vor Ort zu einem festen Standort ausbauen.

–          Die europäischen und deutschen strategischen, politischen und wirtschaftlichen Interessen im Indischen Ozean werden nicht geringer, sondern größer.

–          Für Piraterie- und Terrorismusbekämpfung, Kontrolle der Seewege, humanitäre Hilfe und Kooperationsprojekte mit Staaten wie China, Indien, Australien, Japan und Südkorea wäre so ein Standort hervorragend geeignet. Ein Bundestagsmandat von langer Dauer für einen solchen Standort wäre inhaltlich kein Problem, denn schließlich hat das Parlament ein jederzeitiges Rückrufrecht.

–          Richtig und fortzuführen ist auch der bündnispolitisch sehr wertvolle Beitrag, dass deutsche Schiffe in amerikanischen Carrier Strike Groups als vollwertiger Bestandteil mitfahren. Für französische oder britische Verbände sollte man, soweit Kapazitäten frei sind, ähnliches in Betracht ziehen.

Lasst die Patriots in der Türkei

Patriot-Batterien in der Türkei

–          Der Patriot-Einsatz in der Türkei ist eine rein politische Mission zur Rückversicherung der Türkei, aber nicht mehr. Anders als Syrien gibt es an der türkischen Grenze mit Iran einen Staat, dessen Raketen für die NATO ein echtes Problem darstellen werden. An anderen Grenzen des Bündnisgebiets oder gar in den Depots deutscher Kasernen werden die Raketen nicht gebraucht. Man könnte also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, in dem die Patriots im Rahmen einer amerikanisch-türkisch-deutsch-niederländischen Initiative für ein NATO Missile Defense Center dort dauerhaft stationiert würden. 

–          Die Fortschritte des Iran bei seinen Raketen- und Nuklearprogrammen könnten später einmal ohnehin wieder die Verlegung der Patriots in die Türkei erfordern.

–          Mehr Lasten in der NATO-Raketenabwehr zu tragen werden die USA den Europäern ebenfalls abfordern. Diplomatische Fortschritte mit Iran sind Mangelware. Stattdessen bedient sich Iran bei den Ergebnissen nordkoreanischer Atomtests. Folglich brauchen wir die Raketenabwehr und mit Blick auf die US-Haushaltsdebatten sollte Deutschland mehr Initiative in der NATO übernehmen.

Mehr multinationale Einheiten

–          Kommen wir zurück auf die oben genannten 15- und 20-fachen Strukturen. Bisher waren multinationale Einheiten mehr Ausdruck von Symbolpolitik. Wenngleich die sehr bedenkenswerte Frage einer deutsch-französischen Luftwaffe in der SWP einmal gestellt wurde, darf man auf Großbritannien und Frankreich allein aufgrund ihres sicherheitspolitischen Selbstverständnisses nicht zählen. Jedwede deutsche Initiative sollte somit auf kleinere Partner abzielen: Eine deutsch-polnisch-tschechische Luftwaffe, eine deutsch-niederländisch-belgische Marine oder ein deutsch-dänisches Heer, um nur ein paar Ideen zu nennen.

Bei dem einen oder anderen Leser gehen jetzt sicher die Souveränitäts- und Majoisierungs-Alarmglocken los. Stimmt alles, mag sein. Ein Blick auf die europäischen Staatsschulden im Vergleich zum BIP, von den Lasten des demografischen Wandels und den indirekten Staatsschulden reden wir gar nicht erst, macht klar: die nächsten Kürzungsrunden in den europäischen Militäretats folgen bestimmt.

Initiative oder Irrelevanz?

Die Wunschliste für sicherheitspolitische Initiativen in diesem Artikel ist sehr lang. Passieren wird nichts. Für große sicherheitspolitische Würfe in EU und/oder NATO fehlt der politische Wille. Wie in anderen Feldern auch bleibt Durchwurschteln das Mittel der Politik.

–          Jetzt, gerade jetzt in der Krise ist der Zeitpunkt für Übernahme der Initiative durch Deutschland da, um mehr sicherheitspolitische Kooperation umzusetzen. Lässt die deutsche Politik ihn aus, wovon man ausgehen darf, ist der Weg in die Irrelevanz so gut wie sicher.

Ex-Verteidigungsminister Guttenberg hat einmal das Tabu gebrochen und sprach in Sachen Afghanistan von "Krieg". Aber wie gesagt, das Zeitalter großer Boden- und Kampfeinsätze ist für die Bundesrepublik vorbei. Eine risiko- und interventionsaverse politische Elite, Wahlkämpfe, Haushaltslage und Demografie werden dafür sorgen.

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