Afghanistan – Il passato tedesco

Germania, missioni militari, Afghanistan      German Foreign Policy            06-0608

Il passato
tedesco

Vertice Nato sull’ampliamento della presenza in Afghanistan,
presenti i ministri della difesa Nato + quelli di Australia e Nuova Zelanda, +
rappresentante del governo di Kabul.

La SPD ha dichiarato che è necessario “a medio termine un
mandato più robusto e più soldati” per il controllo del paese; l’attuale mandato
per la missione tedesca scade il 13 ottobre, e deve essere sostituito da un
nuovo mandato del Bundestag.

Circoli della Bundeswehr parlano di protrarre la durata dell’occupazione
almeno fino a 25 anni.

Finora sono 3000 i soldati tedeschi, a Kabul e nel Nord,
dove dal 1° giugno hanno rilevato il controllo militare.

Secondo uno studio pubblicato a Londra la situazione in
Afghanistan avrebbe raggiunto un “punto critico”, con crescente rivolta nel
Sud, scontri militari con il bombardamento di villaggi pachistani da parte
delle potenze occupanti. Le forze di occupazione vanno perdendo il consenso di
cui godevano inizialmente tra la popolazione.

Tra le ragioni:

   la
povertà non è stata attenuata;

   la
corruzione delle elite cittadine installate dagli occupanti, le uniche  su cui possono ancora contare, dato che la
popolazione rurale soprattutto nel Sud considera i rivoltosi come autorità
dominante;  

   le
organizzazioni per lo sviluppo assorbono una quota rilevante dei cosiddetti
aiuti allo sviluppo, dispongono di strutture di lusso per il tempo libero, nel
quadro dei progetti civili-militari cooperano con le truppe di occupazione;
quasi tutto il personale ha un atteggiamento di superiorità occidentale nei
confronti dell’organizzazione sociale afgana.

Berlino può contare in Afghanistan su strette relazioni con
personaggi politici afghani, in particolare tramite la sede di Kabul Konrad-Adenauer-Stiftung
(vicina alla CDU).

I 5 membri del consiglio di sorveglianza dell’influente
think tank  National Center for Policy Research
(NCPR) di Kabul, nominato da KAS:

   un rappresentante della KAS, uno di Siemens, uno di Bündnis90/Die Grünen;

   quarto membro il ministro degli Esteri dell’Afghanistan, Dadfar Spanta, che ha soggiornato
per 20 anni in esilio in Germania, NRW.

   Vecchi
borsisti della KAS, tra cui personale dell’Università e del ministero dell’Istruzione,
hanno partecipato ad una conferenza della KAS a Kabul, intitolata “I rimpatriati
afgani di ritorno dalla repubblica federale tedesca – personaggi chiave nella ricostruzione?”.

Tra i “personaggi chiave”, oltre a Spanta, l’attuale intendente dell’emittente
radio statale afgana, Nadschib Roshan, e il ministro dell’Economia Amin Farhang,
la cui nomina è stata approvata dal parlamento afgano solo ad un secondo voto.

German
Foreign Policy   06-0608

Deutsche
Vergangenheit

KABUL/BERLIN/BRÜSSEL

(Eigener
Bericht) –

Vor dem heutigen Treffen der
NATO-Verteidigungsminister ziehen Militärpolitiker der deutschen Regierungsparteien
eine weitere Aufstockung der in Afghanistan
stationierten Bundeswehreinheiten in Betracht.

Auch müsse das Einsatzmandat womöglich
"robuster" formuliert werden, heißt es in Berlin. Gemeint ist eine offensive
Kampftätigkeit des deutschen Expeditionskorps. Die Ankündigungen gelten der
deutlich anwachsenden Aufstandstätigkeit in fast sämtlichen Gebieten des
Landes, dem im Juli eine Ausweitung des NATO-Besatzungsgebietes bevorsteht –
ein Hauptthema der heutigen NATO-Zusammenkunft in Brüssel.

   
Beobachter
führen die zunehmende
afghanische Aufstandsbewegung nicht nur auf die westliche Militärdominanz
zurück, sondern auch auf kulturelle Überlegenheitsgesten des zivilen
Besatzungspersonals.
"Afghanistan ähnelt einem großen Umerziehungslager",
urteilt der Afghanistan-Experte Dr. Conrad Schetter.

   
Ungeachtet
der Unruhen baut Berlin seine
Kontakte zu den vom Westen installierten Eliten aus
und nimmt dabei auch
die Missachtung von Parlamentsbeschlüssen in Kauf. Der afghanische Wirtschaftsminister war über viele Jahre
im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen wohnhaft
.

    Zu abschließenden Beratungen über die für
Juli angekündigte Ausweitung
des NATO-Besatzungsgebiets auf den Süden Afghanistans
treffen die
Verteidigungsminister des westlichen Kriegsbündnisses am heutigen Donnerstag in
Brüssel mit ihren Amtskollegen
aus Australien und Neuseeland
zusammen. Auch ein Mitglied des Kabuler Stellvertreter-Regimes ist
zugelassen.

    Kurz zuvor hat die SPD-Bundestagsfraktion angekündigt, man benötige
zur Kontrolle Afghanistans "mittelfristig ein robusteres Mandat und mehr
Soldaten
".[1] Die Ankündigung gilt auch der Neufassung des Einsatzmandates, das zum 13.
Oktober ausläuft und vom
Bundestag durch ein Folgemandat ersetzt werden muss.
Bislang
ist die Zahl des in Afghanistan eingesetzten deutschen Militärpersonals auf 3.000 beschränkt,
Einsatzorte sind die Hauptstadt Kabul
sowie der Norden des Landes. Dort hat die deutsche Seite am 1. Juni die militärische Kontrolle übernommen. In
den vergangenen Wochen häufen sich teils resignative, teils drohende Einschätzungen
aus Bundeswehrkreisen,
denen zufolge die Besatzung
noch mindestens zehn, womöglich sogar 25 oder mehr Jahre andauern wird
.

Kritischer Punkt

Die Entwicklung in Afghanistan habe einen
"kritischen Punkt" erreicht,
heißt es in einer am Dienstag in London veröffentlichten Studie, die sich
mit der zunehmenden
Aufstandstätigkeit vor allem im Süden des Landes
befasst.[2] Bereits
seit Monaten werden Anschläge, tödliche Überfälle und militärische Auseinandersetzungen
gemeldet, zu denen inzwischen auch die Bombardierung pakistanischer Dörfer durch die westlichen Kampftruppen
gehört
. Wie die Autoren der Studie schreiben, haben die Besatzungskräfte anfängliche
Sympathien der Bevölkerung inzwischen weitgehend verspielt
. Ursachen
dafür sind neben der exzessiven
Militärdominanz
vor allem das brutale Vorgehen gegen die traditionelle Landwirtschaft (Schlafmohn-Anbau),
fehlende oder aufgrund von Unkenntnis der lokalen Verhältnisse gescheiterte Versuche, die katastrophale Armut im Land zu lindern
[3], sowie die Korruption der
vom Westen installierten städtischen Eliten
. Nur noch auf diese könnten sich die Besatzungskräfte
stützen,
während in der ländlichen Bevölkerung vor allem im afghanischen Süden die Aufständischen inzwischen als
"Machtinhaber" akzeptiert werden
, heißt es.[4]

Ignorieren

Wie der Bonner
Afghanistan-Experte Dr. Conrad Schetter urteilt, ruft auch die Tätigkeit westlicher Entwicklungsorganisationen
massiven Widerspruch in der afghanischen Bevölkerung hervor. Westliches
Personal absorbiert einen bedeutenden Teil der angeblichen
Entwicklungshilfe, verfügt zumindest in Kabul über eigene, vergleichsweise
luxuriöse Konsum- und Freizeiteinrichtungen und kooperiert im Rahmen
zivil-militärischer Projekte eng mit den Besatzungstruppen
. Zudem gingen
fast alle Entwicklungshelfer "von der Überlegenheit der westlichen
gegenüber der afghanischen Gesellschaftsorganisation aus" und ignorierten
die "facettenreiche Kultur" ihres Gastlandes, schreibt Schetter.[5]

Umerziehung

So ist der
"Gegensatz zwischen Moderne und Tradition" kein Konflikt zwischen dem
Westen und Afghanistan, sondern in Afghanistan selbst "seit langem"
virulent. Die Abschaffung des
so genannten Brautpreises
(l’eliminazione del cosiddetto „prezzo dello
sposo“)  etwa "war ausschlaggebend
für die Aufstände gegen die kommunistischen Herrscher 1978/79", resümiert
Dr. Schetter. Mit ihrer damaligen Unterstützung für den islamistischen Untergrund verhalfen die westlichen
Staaten der bis heute in Afghanistan verbreiteten Form von
Frauendiskriminierung zum Durchbruch
. Schetter zufolge nehmen viele Afghanen
den gegenwärtigen "Umerziehungsversuch als externe Einflussnahme
wahr".[6]

Eliten

Unmittelbaren
Einfluss behält sich Berlin insbesondere auf die afghanischen Eliten vor. Zu
den breit gefächerten Maßnahmen [7] gehört auch am Hindukusch die Arbeit der parteinahen Stiftungen, die ein
ehemaliger Berliner Bundespräsident als "wirksamste Instrumente der
deutschen Außenpolitik" [8] bezeichnet hat
.

    Die
CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung
etwa vermittelt die "Beratung" von Parlamentariern, Redakteuren
und Volontären der Rundfunk-Parlamentsberichterstattung. Gemeinsam mit dem Präsidenten der
Universität Kabul ernannte ein Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der
afghanischen Hauptstadt kürzlich den Aufsichtsrat des einflussreichen Think
Tanks National Center for Policy Research (NCPR).
Dem fünfköpfigen Gremium gehört jetzt nicht nur der
Landesbeauftragte der Adenauer-Stiftung an – auch ein Repräsentant der Firma
Siemens
wacht über die nationalen Politikbedürfnisse Afghanistans. Der dritte Aufsichtsrat ist
Parteimitglied bei "Bündnis 90/Die Grünen"
, dem Einflusszirkel
des ehemaligen deutschen Außenministers Fischer, und zugleich Außenminister Afghanistans: Dadfar Spanta.[9]
Spanta hat mehr als 20 Jahre seines Lebens in Deutschland verbracht.

Keyplayer

Spanta ist bei weitem nicht der einzige hochrangige afghanische
Politiker, der auf langjähriges Exil in Deutschland
und
entsprechende Kontakte verweisen kann.

    Zwei
ehemalige afghanische Minister lebten mehrere Jahre in München
und galten Informationen dieser Redaktion zufolge als
"Einflussagenten, wenn nicht Agenten des Bundesnachrichtendienstes
".[10]
"Afghanische Rückkehrer aus der
Bundesrepublik – Keyplayer im Wiederaufbauprozess?" lautete das Thema
einer Veranstaltung, die die Konrad-Adenauer-Stiftung Ende Mai in Kabul
abhielt.

   
Anwesend waren Altstipendiaten der Stiftung, darunter
Personal der Universität Kabul sowie des afghanischen Bildungsministeriums
. Als erfolgreiche "Keyplayer"
mit jahrelanger deutscher Vergangenheit
können neben Außenminister
Spanta vor allem der Intendant des staatlichen
afghanischen Rundfunks, Nadschib Roshan [11], sowie Wirtschaftsminister Amin
Farhang
[12] gelten. Als Staatspräsident Karzai im April dem afghanischen
Parlament seine Kabinettsliste zur Zustimmung vorlegte, verweigerten die Abgeordneten Farhang mehrheitlich die
Zustimmung
. Nach einem umfangreichen "Briefing" der
Parlamentarier will die abhängige Kabuler Regierung ihn inzwischen allerdings in einem zweiten Anlauf als
Wirtschaftsminister bestätigen lassen.

Die deutsche Industrie wird es
danken.

Weitere
Afghanistan-Informationen finden Sie im Länderarchiv oder hier: Krieg,
Pulverfass, Viele Tote, Wahlen im Protektorat, Völkerrechtswidrig, Zurück
blieben Tote, Auf den Trümmern des Krieges, Teil der Verwaltung, Pate der
Polizei und Hundert Prozent

[1] Robusterer
Auftrag für Afghanistan?; Kölner Stadt-Anzeiger 07.06.2006

[2] The Senlis Council: Helmand at War. The Changing Nature of Insurgency in
Southern Afghanistan and its Effects on the Future of the Country, London, June 2006

[3] So
scheiterten etwa Versuche, die Landwirtschaft vom Schlafmohn-Anbau auf
alternative Produkte umzustellen, an völliger Unkenntnis der
Bodenbeschaffenheit und der klimatischen Bedingungen in Afghanistan.

[4] The Senlis Council: Helmand at War. The Changing Nature of Insurgency in
Southern Afghanistan and its Effects on the Future of the Country, London, June 2006.
Bereits in einer im April veröffentlichten
Studie hatte der Senlis Council Landkarten abgedruckt, auf denen "von der
Regierung kontrollierte Gebiete" (weitgehend identisch mit den
Hauptstädten der einzelnen Provinzen) und "von Nicht-Regierungskräften
kontrollierte Gebiete" (die gesamten ländlichen Teile der Provinzen)
unterschieden wurden.
The Senlis Council: Field Notes. Afghanistan
Insurgency Assessment. The Signs of an Escalating Crisis, London 7 April 2006

[5], [6]
Conrad Schetter: Was läuft falsch in dem besetzten Land?; Die Wochenzeitung
01.06.2006

[7] s. dazu
Deutschland organisiert afghanische Ratsversammlung, Deutsches TV-Programm in
Afghanistan und Elite für Deutschland

[8] s. dazu
"Wirksamste Instrumente der deutschen Außenpolitik"

[9] s. dazu
Die Grünen, Ortsverband Kabul

[10] s. dazu
Musterfall und Interview mit Erich Schmidt-Eenboom

[11] s. dazu Selbständigkeit

[12] s. dazu Zahlreiche weitere Tote

 

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