Direzione ed orientamento/Risparmi per la Germania/Il U.K. si oppone all’esame preventivo Ue del bilancio+ vari

Ue, Germania, Francia, Gb, nazionalismo
Gfp     100614
Direzione ed orientamento
+ Gfp 100324
Risparmi per la Germania
WSJ    100608

Il U.K. si oppone all’esame preventivo Ue del bilancio

NICHOLAS WINNING

●    Alla richiesta da tempo avanzata da Parigi di promuovere i consumi tedeschi (contro la aggressiva politica di rinunce salariali condotta negli ultimi anni) per contribuire alla crescita economica della UE, Berlino risponde con il varo del pacchetto di risparmi.

o   In Francia si delinea una disputa interna: da una parte chi accusa Berlino di voler creare un “Sacro euro germanico”,

o   dall’altra chi dice che la Francia non potrà più a lungo sottrarsi al diktat tedesco a risparmiare; già ora la Francia deve prendersi maggiori rischi nel mercato dei capitali.

– Con l’incontro odierno sulla politica economica europea tra la cancelliera tedesca Merkel e il presidente francese Sarkozy continua lo scontro di potere tra Berlino e Parigi,

o   Quello di oggi è l’aggiornamento di quello previsto per la scorsa settimana e disdetto all’ultimo momento dalla Merkel, perché contemporaneo alla presentazione del pacchetto di risparmi tedesco.

– L’irritazione francese per la politica di austerità tedesca è ora acuita dal miliardario programma di risparmi tedesco, che facilita l’export dei prodotti dell’industria tedesca, resi meno costosi rispetto a quelli francesi dai drastici risparmi su stipendi e prestazioni sociali.

– Anni 2000-2008, in Germania i salari reali sono diminuiti mediamente dell’1,4%; in Francia sono aumentati dello 0,9% annualmente. Nello stesso periodo l’export tedesco è aumentato del 65%.

– In corrispondenza i costi reali per unità di lavoro sono perciò aumentati in Francia, mentre in Germania sono tendenzialmente calati.

●    L’export rappresenta circa il 40% del PIL tedesco. I gruppi tedeschi traggono all’estero circa 2/5 dei loro utili, quasi 1/10 di tutti gli investimenti esteri internazionali provengono dalla Germania.

o   Il ministro Economia (FDP) Brüderle: Si prevede che l’economia internazionale crescerà del 6% e dell’8% quest’anno, la Germania deve esserci.

o   Circa la metà dell’export tedesco è destinata a paesi della zona euro,

o   paesi che, non avendo finora seguito la politica di risparmi tedesca, finanziano il consumo dei prodotti tedeschi, a prezzo di un crescente deficit commerciale verso la Germania e di un loro crescente indebitamento statale.

o   La prima vittima di tale processo è la Grecia.

– Da tempo alcuni economisti avvertono del rischio che i contrasti tra le economie della zona euro prodotti dalla politica di austerità tedesca possano portare al collasso dei paesi del sudeuropei.

– Sulla stampa economica osservatori descrivono un’atmosfera di “piombo” prevalente nella UE; il commento su Die Zeit, di Jochen Thies: Berlins Außenpolitik ist kraft- und ziellos; Zeit Online 03.06.2010 [La politica estera di Berlino è impotente e senza meta]:

o   con la crisi dell’euro si ripropone una vecchia problematica della politica estera tedesca, la Germania si trova improvvisamente isolata nelle conferenza internazionali.

o   Questo accade assieme ad una serie di processi preoccupanti: su alcune questioni chiave GB e Polonia si rivolgono da qualche tempo agli Usa; per mentalità e motivi storici la Scandinavia tende verso il mondo anglosassone; ma soprattutto preoccupa il distacco tra Berlino e Parigi; l’Europa sta crollando.

o   Se continuano gli sviluppi attuali prima o dopo si creerà in Europa una Unione mediterranea di Spagna, Portogallo, Francia e Italia;

o   alla Germania rimarrebbero come partner solo Turchia e Russia, ma la storia insegna che un’alleanza troppo stretta con la Russia è sempre stata dannosa per lo sviluppo pacifico della Germania.

Thies esorta la Germania a dimostrare capacità di direzione in tutti i campi in Europa, sollecita ad una più offensiva politica estera e militare tedesca nel quadro UE, rafforzando in tal modo le forze europee di coesione. Sbagliata la decisione di assegnare al parlamento la responsabilità per l emissioni militari, sbagliato preoccuparsi dell’opinione della maggioranza, che ad es. nel caso Afghanistan si è espressa contro l apolitica militare di Berlino.

Ue, Germania, Francia, GB, nazionalismo
Gfp      100614
Führung und Orientierung
14.06.2010
BERLIN/PARIS

–   (Eigener Bericht) – Vor dem heutigen Treffen der deutschen Kanzlerin mit dem Staatspräsidenten Frankreichs sorgt das Berliner Milliarden-Sparprogramm für Streit in Paris. Zwar setzt die französische Regierung ihre Proteste gegen die deutsche Austeritätspolitik fort, die Europa ökonomisch vollends aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Französische Kritiker äußern wütend, Berlin wolle wohl ein "Heiliges Germanisches Euroreich" errichten.

–   Zugleich nehmen Stimmen zu, die warnen, Frankreich werde sich dem deutschen Spardiktat nicht länger entziehen können. Auch Nicolas Sarkozy müsse sich voraussichtlich Berlin beugen, heißt es unter hochrangigen Politikern der Präsidentenpartei. Beobachter beschreiben die Atmosphäre in der EU als "bleiern", warnen vor wachsenden Spannungen und sehen Deutschland in der Union[e] "isoliert".

–   Befürworter einer auch in Zukunft fortdauernden EU-Integration mahnen eine stärkere Kooperation mit Frankreich an und plädieren dafür, diese vor allem auf dem Feld der Außen- und Militärpolitik zu intensivieren. Deutschland, heißt es, müsse "Führungsbereitschaft in Europa auf allen Gebieten" demonstrieren.

Eklat

–   Das heutige Treffen der deutschen Kanzlerin mit dem Staatspräsidenten Frankreichs folgt einem ernsthaften diplomatischen Eklat. Bereits für letzten Montag hatte Angela Merkel Nicolas Sarkozy nach Berlin geladen, um über die europäische Wirtschaftspolitik zu sprechen. Wenige Stunden vor dem geplanten Beginn sagte die Bundesregierung diese Zusammenkunft ab. Hintergrund war, dass am selben Tag in der deutschen Hauptstadt das milliardenschwere Sparpaket verkündet wurde; mit Protest von Sarkozy, der seit je vor einem Abwürgen des beginnenden Aufschwungs warnt, war zu rechnen. Die ungewöhnlich kurzfristige Absage hat in Paris für schwere Verstimmung gesorgt. Am heutigen Montag soll das Treffen nachgeholt werden.

Das Sparpaket

–   Der französische Unmut über die deutsche Austeritätspolitik, der angesichts der Verabschiedung des neuen Sparpaketes eskaliert, hält schon seit geraumer Zeit an. Ursache ist, dass die Bundesrepublik in den letzten Jahren mit drastischen Einsparungen bei Gehältern und Sozialleistungen die Produkte der deutschen Industrie im Vergleich zu den Nachbarstaaten verbilligt und damit ihre Ausfuhren stark ausgeweitet hat.

–   Ein beträchtlicher Teil davon geht in Staaten der Eurozone, die der deutschen Sparpolitik bislang nicht gefolgt sind und den Konsum der deutschen Exporte finanzieren – freilich um den Preis eines wachsenden Außenhandelsdefizits gegenüber Deutschland sowie zunehmender Staatsverschuldung.

–   Erstes Opfer dieses Prozesses ist Griechenland. Ökonomen warnen schon seit langem, das durch die deutsche Austeritätspolitik verursachte Auseinanderklaffen der Ökonomien innerhalb der Eurozone drohe zum Kollaps vor allem der südeuropäischen Nationalökonomien zu führen (german-foreign-policy.com berichtete [1]). Insbesondere

–   Paris verlangt seit geraumer Zeit, Berlin müsse den deutschen Konsum ankurbeln, um auch etwas zum Wirtschaftswachstum in der EU beizutragen. Die Bundesregierung weigert sich konsequent – und hat jetzt mit dem aktuellen Sparpaket die französischen Forderungen endgültig zurückgewiesen.

Heiliges Germanisches Euroreich

–   Herrschte in Paris zunächst schwerer Ärger über den deutschen Affront, zeichnet sich nun interner Streit ab. Bereits im Mai hatte ein Kritiker geäußert, Berlin ziele mit seiner Austeritätspolitik auf ein "Heiliges Germanisches Euroreich" ab. Konkurrierende wirtschaftspolitische Auffassungen hätten darin keinen Platz.[2] Nach der Verkündung des deutschen Sparpakets teilten Regierungspolitiker aus Paris zunächst mit, sie würden sich von den deutschen Maßnahmen nicht beeinflussen lassen. Inzwischen heißt es auch unter führenden Kräften der Präsidentenpartei, Frankreich werde sich in seiner Haushaltspolitik dem deutschen Spardiktat wohl nicht mehr lange entziehen können; selbst Staatspräsident Sarkozy werde nicht umhin können, sich Berlin zu beugen, befürchtet etwa der französische Ministerpräsident. Beobachter verweisen darauf, dass Frankreich bereits jetzt höhere Risikoaufschläge an den Kapitalmärkten hinnehmen muss.[3] Der Machtkampf zwischen Berlin und Paris wird am heutigen Montag in der deutschen Hauptstadt fortgesetzt.

Europa fällt auseinander

Die wachsenden Spannungen in der EU, die nicht zuletzt durch das deutsche Spardiktat verursacht werden, werden von Beobachtern mit Sorge registriert. "Europa fehlt der Schlichter", heißt es etwa in der Wirtschaftspresse; die Atmosphäre in der EU sei momentan "bleiern", man habe sich derzeit "wenig zu sagen".[4]

–   In einem Kommentar der Wochenzeitung "Die Zeit" heißt es, im Rahmen der Euro-Krise sei "eine alte Problematik der deutschen Außenpolitik wieder aufgebrochen" [5]: "Bei internationalen Konferenzen ist Deutschland plötzlich isoliert." Diese Entwicklung gehe mit einer Reihe "beunruhigende(r) Prozesse" in mehreren europäischen Staaten einher. So orientierten sich Großbritannien und Polen seit einiger Zeit schwerpunktmäßig an den USA. Skandinavien tendiere "mentalitätsmäßig und aus historischen Gründen ebenfalls in Richtung angelsächsische Welt". Vor allem jedoch sei das Auseinanderdriften zwischen Berlin und Paris "besorgniserregend": "Europa fällt auseinander."

Selbstisolation

–   Setzten sich die aktuellen Entwicklungen fort, dann werde sich in Europa "über kurz oder lang eine Mittelmeerunion mit Spanien, Portugal, Frankreich und Italien herausbilden", die bereits während der letzten EU-Krisengipfel erkennbar gewesen sei, urteilt der Autor. Deutschland könne in einem solchen Fall nur auf die Türkei und Russland als Partner zurückgreifen; das sei aber viel zu wenig, zumal den historischen Erfahrungen zufolge "eine zu enge Partnerschaft mit Russland (…) für die freiheitliche Entwicklung Deutschlands immer schädlich gewesen" sei. Der Autor, der eine auch künftig andauernde EU-Integration befürwortet, resümiert: "Es droht eine Selbstisolation."[6]

Führungsbereitschaft in Europa

–   Als Ausweg rät Autor Jochen Thies, der lange als Mitglied der Chefredaktion bei "DeutschlandRadio Kultur" tätig war, zu einer stärkeren deutschen Dominanz innerhalb der EU. "Nur der Solidaritätsverbund des Westens, gekoppelt mit deutscher Führungsbereitschaft in Europa auf allen Gebieten, verspricht eine Linderung der Schmerzen", heißt es in dem Artikel. Dies müsse ganz ausdrücklich auch für die Militärpolitik gelten. Deutschland handele derzeit leider "außen- und sicherheitspolitisch kraftlos".

–   Beispielsweise habe "die unglückliche Entscheidung, dem Parlament die Hauptverantwortung für militärische Einsätze zuzuschieben", "zum gleichen Abstimmungschaos wie in der Innenpolitik" geführt. Rücksichtnahme auf die Mehrheitsmeinung, die sich etwa im Fall Afghanistans klar gegen die Berliner Militärpolitik ausspricht, sei fehl am Platz: "Alle großen Richtungsentscheidungen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit 1949" seien "aus einer anfänglichen Position der Minderheit" in Angriff genommen worden. Der Autor plädiert für eine viel offensivere deutsche Außen- und Militärpolitik im Rahmen der EU, um damit die europäischen Kohäsionskräfte zu stärken, und verlangt von der Bundesregierung sowohl im Inland als auch auf europäischer Ebene vor allem eines: "Führung und Orientierung".[7]

[1] s. dazu Das Ende der Souveränität (II), Sparen für Deutschland, Das Undenkbare denken und Unter ökonomischem Protektorat

[2] Merkel rêve du saint empire euro germanique; Libération 21.05.2010

[3] Sarkozy: Sparen führt in Rezession; Frankfurter Allgemeine Zeitung 11.06.2010

[4] Stolz und trotzig; WirtschaftsWoche 14.06.2010

[5], [6], [7] Jochen Thies: Berlins Außenpolitik ist kraft- und ziellos; Zeit Online 03.06.2010

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Gfp      100324
Sparen für Deutschland
24.03.2010
BERLIN/PARIS/ATHEN

(Eigener Bericht) – Ohne Rücksicht auf Proteste aus mehreren EU-Staaten kündigt die Bundesregierung eine neue Außenwirtschaftsoffensive an. Die Weltwirtschaft beginne nach ihren krisenbedingten Einbrüchen wieder zu wachsen, erklärt der Bundeswirtschaftsminister. Deutschland solle deshalb künftig mehr exportieren – schließlich hänge "unser Wohlstand" von der "Teilhabe am weltweiten Handel" ab.

–   Tatsächlich erzielen deutsche Unternehmen rund zwei Fünftel ihrer Erlöse im Ausland, zum überwiegenden Teil in EU-Staaten, deren Mittel damit in erheblichem Umfang in die Bundesrepublik abfließen. Hintergrund sind Konkurrenzvorteile, die Deutschland sich in den letzten Jahren mit aggressiver Lohnverzichts-Politik verschafft hat. Während Frankreich und andere EU-Staaten verlangen, Berlin müsse endlich auch die Inlandsnachfrage ausweiten, sucht die Bundesrepublik ihre beherrschende Stellung in der europäischen Wirtschaft zu nutzen, um auch weltweit eine führende Position zu halten. Nicht ohne Erfolg: So haben fast ein Zehntel sämtlicher Auslandsinvestitionen weltweit ihren Ursprung in Deutschland.

Nicht genug

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat am gestrigen Dienstag eine neue deutsche Außenwirtschaftsoffensive angekündigt.

–   Wie Brüderle erklärt, wird die Weltwirtschaft nach ihren krisenbedingten Einbrüchen in diesem Jahr um voraussichtlich sechs und im kommenden Jahr um acht Prozent wachsen: "Da muss Deutschland dabei sein." Der Minister weist darauf hin, dass die deutschen Gesamtexporte rund 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen: "Zwei von fünf Euro wurden im Ausland verdient."[1] Jeder vierte Arbeitsplatz hänge demnach von den Exporten ab. Dies genüge jedoch nicht: "Deutschland", sagt Minister Brüderle, "muss noch besser werden."

Konkurrenzvorteile

Die deutsche Exportpolitik sorgt in diesen Tagen für erheblichen Unmut bei mehreren EU-Staaten. Hintergrund ist, dass sich die Bundesrepublik in den letzten Jahren erhebliche Konkurrenzvorteile vor allem innerhalb der Euro-Zone verschafft hat – durch Lohnverzicht der Beschäftigten.

–   In den Jahren von 2000 bis 2008 fielen die Reallöhne in Deutschland durchschnittlich um 1,4 Prozent, in Frankreich etwa stiegen sie jährlich um 0,9 Prozent.

–   Die realen Lohnstückkosten nahmen entsprechend in Frankreich zu, während sie in Deutschland tendenziell sanken.[2] Profiteur ist die Bundesrepublik, die ihre Exporte aufgrund der ungleichen Entwicklung stark steigern konnte – vor allem in Länder der Euro-Zone, denen wegen der Einheitswährung die Möglichkeit fehlt, ihre Industrie durch die Abwertung ihrer Währung vor Exportoffensiven aus dem Ausland zu schützen. Tatsächlich hat Deutschland seine Ausfuhren von 2000 bis 2008 um 65 Prozent gesteigert; beinahe die Hälfte aller Exporte geht in Länder der Euro-Zone.[3]

Schulterschluss

–   Die deutsche Exportoffensive lässt entsprechend das Außenhandelsdefizit zahlreicher Euro-Staaten dramatisch steigen, die damit de facto das deutsche Wirtschaftswachstum finanzieren – und selbst auf lange Sicht in eine Defizitspirale geraten. Vergangene Woche hat erstmals die Finanzministerin Frankreichs gegen das deutsche Dumping protestiert und darauf hingewiesen, dass innerhalb eines Währungsgebiets nicht auf Dauer ein Staat mit einer fortwährenden Exportoffensive zu Lasten der übrigen Länder sich bereichern kann.[4] In höchster Geschlossenheit weist Deutschland die Kritik aus dem Nachbarstaat zurück. "Wir erleben einen durchaus ungewöhnlichen Schulterschluss in der Bundesrepublik gegenüber außen", urteilt der Dekan der Hertie School of Governance in Berlin.[5] Dabei heißt es einhellig in der deutschen Hauptstadt, die übrigen Euro-Staaten hätten den deutschen Lohnverzicht nachzuahmen. Die Auseinandersetzungen eskalieren jetzt im Streit um Unterstützung für Griechenland. Während fast sämtliche Mitglieder der Euro-Zone für konkrete Hilfsmaßnahmen plädieren, widersetzt sich allein die deutsche Kanzlerin finanzieller Unterstützung – und will bis zum kommenden EU-Gipfel die Euro-Staaten auf die deutsche Position festlegen.

Co-Manager

–   Dabei scheint sich der deutsche Strukturvorsprung selbst in der Wirtschaftskrise noch vergrößert zu haben. Jüngsten Angaben zufolge stiegen die Arbeitskosten in Deutschland im letzten Quartal 2009 um 1,2 Prozent, in Frankreich hingegen um 1,6 Prozent und in der Euro-Zone insgesamt sogar um 2,2 Prozent. Berichtet wird von enger Zusammenarbeit zwischen Konzernspitze und Beschäftigten, die erneuten Lohnverzicht möglich macht. So heißt es etwa über das Chemieunternehmen Lanxess, dort seien "neue Formen der Kooperation zwischen Betriebsräten, Mitarbeitern, Gewerkschaften und dem Management" entstanden. Eine Lanxess-Betriebsrätin wird mit den Worten zitiert: "Die Krise hat uns als Betriebsrat zu Co-Managern gemacht."[6] Auf solche Weise weitet Deutschland seine ökonomische Dominanz in Europa aus – und schafft ungewöhnlich günstige Grundlagen für die Außenwirtschaftsoffensive, die Minister Brüderle gestern angekündigt hat.

Die Offensive

–   Brüderle zufolge wird die Bundesregierung deutsche Unternehmen noch stärker als bisher "auf Auslandsmärkten unterstützen", dabei besonderes Augenmerk auf "Schwellenländer" legen und weiterhin für Freihandelsabkommen kämpfen.[7] Das Netz der Auslandshandelskammern werde erweitert, teilt der Minister mit; auch sollen die Verfahren zur Vergabe von Exportkreditgarantien beschleunigt werden.

–   Bereits im vergangenen Jahr erreichten die staatlichen Exportbürgschaften, die von der Bundesregierung vergeben wurden, mit 22,4 Milliarden Euro einen neuen Rekord.[8] Schwerpunkte will Brüderle auf die Entwicklung von Elektroautos, die Gesundheitsindustrie, die Erneuerbaren Energien und die sogenannten Sicherheitstechnologien legen. Brüderles Aktivitäten werden ergänzt durch die Außenwirtschaftsförderung des Auswärtigen Amts und des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Beide werden ebenfalls von FDP-Ministern geleitet, die bereits angekündigt haben, den Expansionswünschen der deutschen Industrie ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen.[9]

Das Ziel

Dabei werden die Exportgewinne durchaus auch wieder investiert – mit Vorliebe im Ausland. Einer aktuellen Umfrage des Deuschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zufolge wollen rund 44 Prozent der deutschen Industrieunternehmen dieses Jahr Investitionen außerhalb der deutschen Grenzen vornehmen.[10] Auf diese Weise setzen sich die Konkurrenzvorteile, welche die deutsche Politik des Lohnverzichts den BRD-Unternehmen vor allem gegenüber ihrer Konkurrenz innerhalb der EU eingebracht hat, in eine immer stärkere Weltmarktstellung um. Bereits heute stammen neun Prozent sämtlicher Auslandsinvestitionen in aller Welt aus der Bundesrepublik. Der Lohnverzicht dient somit vor allem einem Ziel: dem Ausbau des weltweiten deutschen Einflusses.

Weitere Informationen zur deutschen Exportoffensive finden Sie hier: Das Ende der Souveränität (II), Vor dem Sturm, Das Ende der Souveränität (III), Germanische Strenge und Ein Tabubruch.

[1] Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung der BMWi-Außenwirtschaftsoffensive; Berlin 23.03.2010

[2] Deutschland besser als Frankreich; Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.03.2010

[3] Druck auf den Musterschüler Deutschland; Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 21.03.2010

[4] s. dazu Ein Tabubruch

[5] Deutschland verteidigt seine Wirtschaftsmacht; www.manager-magazin.de 17.03.2010

[6] Betriebsräte und Vorstände kooperieren; www.welt.de 25.02.2010

[7] Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung der BMWi-Außenwirtschaftsoffensive; Berlin 23.03.2010

[8] Rekord bei Exportgarantien; www.manager-magazin.de 12.02.2010

[9] s. dazu Ministerium zur Begleitung der Expansion

[10] Industrie investiert im Ausland; Der Tagesspiegel 22.03.2010
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Die Zeit           100603

Berlins Außenpolitik ist kraft- und ziellos

Deutschland ist international auf dem Weg in die Isolation: Es fehlt ihm an Führung, Orientierung und qualifiziertem politischem Personal. Ein Gastkommentar

von J. Thies Sonderkorrespondent beim DeutschlandRadio Berlin

–   Als vor 20 Jahren in Berlin die Mauer fiel, war man im Ausland allgemein der Ansicht, dass Deutschland binnen weniger Jahre die Position einer europäischen Zentralmacht einnehmen werde.

o    Die einen – vor allem Briten und Franzosen – befürchteten es, die anderen – vor allem die Amerikaner – wünschten es herbei. Von partners in leadership, sprach George Bush senior am 31. Mai 1989 in Mainz. Ihre Einschätzungen leiteten die Beobachter aus der jüngeren Geschichte ab, aus den Abstiegen Deutschlands und den erstaunlich raschen Erholungen.

–   In unseren Partnerländern gibt es Stereotypen und Annahmen über Deutschland. Sie werden seit 1871 in den Führungsgruppen von Generation zu Generation weitergegeben und sind nur schwer zu korrigieren. Denn die dortigen außenpolitischen Eliten sind stabiler zusammengesetzt als in Deutschland. Dadurch herrscht Kontinuität, aber auch die Pflege von Vorbehalten. In Verbindung mit der Krise um den Euro ist eine alte Problematik der deutschen Außenpolitik wieder aufgebrochen. Bei internationalen Konferenzen ist Deutschland plötzlich isoliert.

–   Der 1989 angenommene Fall ist nicht eingetreten.Deutschland ist nicht die Zentralmacht geworden und befindet sich auch nicht auf dem Weg dorthin. Darüber sind große Teile der politischen Klasse und eine Bevölkerungsmehrheit erleichtert. Aber die deutsche Entscheidung, oder besser Nicht-Entscheidung, eine Rolle als mittlere Macht à la Großbritannien oder Frankreich zu definieren und am Ende zu übernehmen, hat Auswirkungen gehabt und sie wird weitere Konsequenzen haben. Die mittelfristige Perspektive verheißt nichts Gutes. Denn es droht eine Selbstisolation.

–   Freunde wie Konkurrenten bemerken mittlerweile, dass die Bundesrepublik außen- und sicherheitspolitisch kraftlos agiert. Sie hat, anders als die Weimarer Republik, großdeutschen Neigungen widerstanden. Das war wichtig und richtig. Aber Deutschland ist anscheinend auch nicht länger bereit, unter Bedrohung in einem Solidaritätsverbund eine starke Rolle zu spielen. Vor allem Letzteres muss selbst wohlwollende Beobachter des Landes irritieren.

–   Denn in den fünfziger Jahren, in Zeiten des Kalten Krieges, war die Bundesrepublik trotz schärfster innenpolitischer Auseinandersetzungen in der Lage, eine Armee mit einer halben Million Soldaten aufzustellen. Und sie wiederholte diesen Kraftakt mit der Nachrüstungsentscheidung und der Stationierung von Raketen zu Beginn der achtziger Jahre.

–   Daran wird das Land noch heute gemessen. Alle großen Richtungsentscheidungen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit 1949 wurden im Übrigen aus einer anfänglichen Position der Minderheit gestartet. Aber keine Bundesregierung jedweder Couleur wagt mehr, den Kampf um die öffentliche Meinung aufzunehmen. Es fehlt an Führung und Orientierung in einem Land, das erst seit 20 Jahren souverän ist und als demokratische Nation in der Weltpolitik sehr wenig Erfahrung hat. Und es mangelt, wie die letzten Wochen auf dramatische Weise zeigen, an qualifiziertem politischem Personal.

–   Außen- und sicherheitspolitisch bewegt sich Deutschland seit dem Kosovo-Krieg 1999 mühsam vorwärts. Die erhoffte Ruhepause trat infolge des 11. September 2001, des Afghanistan- und des Irakkriegs nicht ein. Der Waffengang gegen Saddam Hussein hatte einen schwerwiegenden Nebeneffekt. Er spaltete die Europäer, mit Folgen für den Fortgang des Einigungsprozesses. Und noch etwas passierte: Japan, der andere große Verlierer des Zweiten Weltkriegs, entsandte Soldaten in den Irak. Tokio hatte zu Beginn der neunziger Jahre nach erbitterten innenpolitischen Auseinandersetzungen etwa zeitgleich mit Deutschland Sanitäter nach Kambodscha geschickt. Während die Deutschen unter Schröder den Trend abbrachen, international vermehrt militärisch Verantwortung zu übernehmen, setzten die Japaner ihn also fort.     

–   Das Dilemma der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik lässt sich so zusammenfassen: Berlin muss eine Brücke von militärischem und gedanklichem overstretch in Afghanistan, der mit Bündnissolidarität, Erinnerung an den Kalten Krieg und Wiedervereinigungsstress zu tun hat, zurück zu den Aufgaben in Europa schlagen.

–   Hier und allenfalls in Afrika liegen die wirklichen Herausforderungen der Europäer. Das Zögern der Bundesrepublik, die unglückliche Entscheidung, dem Parlament die Hauptverantwortung für militärische Einsätze zuzuschieben, was in der Konsequenz zum gleichen Abstimmungschaos wie in der Innenpolitik führt, hat Konsequenzen. Europa fällt auseinander. Die weltweite Finanzkrise wird die Verteidigungsetats weiter erodieren lassen. Wie zuverlässig ist der amerikanische Schutzschirm?

–   Seit etwa zwei Jahren sind mehrere beunruhigende Prozesse zu beobachten. Die Briten, die in der Anfangsphase von Tony Blair dazu bereit waren, sich in Richtung Europa zu bewegen inklusive eines Beitritts zur Europäischen Währungsunion, haben sich für die erneute splendid isolation entschieden. Sie halten an ihrer Sonderrolle fest und verstehen sich als wichtigster Partner der USA. Gleiches gilt an der östlichen Flanke Deutschlands für Polen. Warschau vertraut – trotz negativer Erfahrungen im Irak – wirklich nur den USA.

–   Besorgniserregend ist am Ende für Deutschland aber vor allem das Auseinanderdriften mit Frankreich. Jahrelang hat Paris darum geworben, durch eine engere militärische Kooperation, durch symbolische Einsätze in Afrika die Grundlage für eine Europaarmee zu schaffen. Ausgerechnet in der Regierungszeit der Union, die sich als Hüterin des Erbes von Adenauer und de Gaulle sieht, sind in diesen Monaten die letzten Chancen verspielt worden. Die Franzosen wenden sich nun den Italienern zu. Eine gemeinsame Gebirgsjäger-Brigade soll in Afghanistan zum Einsatz kommen.

Das Verständnis für die Mentalität und Handlungsweise mediterraner Länder nimmt in Deutschland ab, zu denen auf ihre Weise auch Griechenland und die Türkei gehören. Dazu tragen die Massenmedien bei, die durch Personalisierung und Banalisierung das Bild vom Anderen immer stärker prägen. Eine "Berlusconisierung" der europäischen Politik zieht ihre Kreise. Deutschland will ein Europa à la carte allemande, das nicht zu haben ist. Stabilität des Euro, Haushaltsdisziplin, deutsche Vollkaskomentalität, keine Atomkraftwerke, weniger CO2 und ein schrumpfender Beitrag zur europäischen Sicherheit passen nicht zusammen. Es ist tragisch, dass Angela Merkel und Nicolas Sarkozy nicht zusammenfinden, der mehr als der Mann von Carla Bruni ist – ein in Berlin unterschätzter Europäer mit Visionen. Was Deutschland in Europa sein will, weiß es nicht.

Wenn die skizzierten Entwicklungen weitergehen, wird sich in Europa über kurz oder lang eine Mittelmeerunion mit Spanien, Portugal, Frankreich und Italien herausbilden, auch um dem Migrationsdruck aus Afrika zu begegnen. Sie zeigte sich bereits bei den letzten Krisengipfeln in Brüssel. Großbritannien und Polen werden sich als Partner und Schicksalsgefährten der USA ansehen. Die skandinavische Welt tendiert mentalitätsmäßig und aus historischen Gründen ebenfalls in Richtung angelsächsische Welt.

Damit bleiben als Partner für Deutschland nur die Türkei und Russland. Die Türkei nimmt, obwohl sie öffentlich anders argumentiert, gedanklich Abschied vom EU-Beitritt. Unter dem neuen dynamischen Außenminister Davutoglu begreift sie, welche Chancen sie als einer der großen Profiteure der Entwicklungen seit 1989 in ihrer Region hat. Sie hat das Spiel mit mehreren Bällen aufgenommen. Eine zu enge Partnerschaft mit Russland ist nach den historischen Erfahrungen für die freiheitliche Entwicklung Deutschlands immer schädlich gewesen und führte sicherheitspolitisch zur Selbstisolation.

Nur der Solidaritätsverbund des Westens, gekoppelt mit deutscher Führungsbereitschaft in Europa auf allen Gebieten, verspricht eine Linderung der Schmerzen. Die Art und Weise, wie die Regierung Merkel bislang mit der Finanzkrise um Griechenland umging, zeigt leider, dass diese Lektion in Berlin noch nicht begriffen worden ist. Auch der Rücktritt von Bundespräsident Köhler hat am Ende in gewisser Weise mit dem Thema Selbstisolation zu tun. Bis zur Wahl eines Nachfolgers, ja bis zum Ende der parlamentarischen Sommerpause, wird Außenpolitik in der öffentlichen Diskussion des Landes keine Rolle spielen. Köhler konnte missverstanden werden, er war ungeschickt. Aber er sprach wichtige Themenfelder an, die in Deutschland zunehmend tabuisiert werden.

Dr. Jochen Thies lebt als Publizist in Berlin.

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Wsj      100608
U.K. Opposes Early Budget Scrutiny by EU

By NICHOLAS WINNING

–   LUXEMBOURG—The U.K. budget will be presented to the country’s parliament first, a U.K. Treasury official said Tuesday in response to a European Union[e] drive for member nations to submit their budget plans early to EU authorities.

European Council President Herman Van Rompuy said Monday that there was broad support for measures to strengthen the 27-nation bloc’s budget rules, including early checking of member states’ budget plans to make sure they are on the right track.

But Mark Hoban, financial secretary to the U.K. Treasury, said the country’s budget would be presented to parliament first.

"There is no question of anyone other than MPs [members of parliament] seeing it first," he said in a statement. "Once the Chancellor [of the exchequer] has presented it to parliament, it is of course publicly available."

–   The support for the early budget scrutiny suggests many EU governments are moving to surrender some control over their national budgets in ways that would have been politically unthinkable in years past, before the bloc’s sovereign-debt crisis prompted a rethinking of its economic rules.

–   Mr. Van Rompuy said Monday that budgets remained the prerogative of national parliaments, but a government presenting a budgetary plan with a high deficit would have to "justify itself in front of its peers".

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Le Monde       100609

Edito du Monde – Les ratés du moteur franco-allemand

LE MONDE | 08.06.10 | 13h06

Comment s’y retrouver ? Réunions incessantes, ici ou là, à 16 ou à 27, des ministres européens de l’économie et des finances. Annulation d’un dîner franco-allemand lundi 7 juin. Conseil européen le 17 juin à Bruxelles. Adoption en Allemagne, en Grande-Bretagne, aux Pays Bas de projets de budget 2011 où chacun semble rivaliser dans la rigueur et l’austérité – mais sans aucun souci d’harmonisation européenne…

L’Europe est à la peine, elle souffre. Elle affronte la crise dans le désordre, tout en cherchant à se doter des instruments qui lui permettraient d’y faire face, sinon dans l’ordre (ne rêvons pas), du moins avec un minimum d’harmonisation.

La bataille se déroule sur trois fronts. Commençons avec la zone euro (les 16) et avec une bonne nouvelle. Un mois après avoir adopté (le 9 mai) un plan de stabilisation de la zone, les membres de l’union monétaire en ont arrêté, lundi soir 7 juin, à Luxembourg, les modalités d’application. Un Fonds européen de stabilité financière (FESF) est créé, doté de plusieurs centaines de milliards d’euros, pour venir en aide à ceux des 16 qui en auraient besoin. Mardi, l’euro se redressait face au dollar.

Le deuxième front est celui de l’obéissance aux règles au sein de la zone euro. C’est leur non-respect quasi général – en Grèce dans des proportions homériques, si l’on peut dire – qui a mis l’union monétaire au bord de l’explosion. Les 16 puis les 27 se sont entendus lundi soir pour des sanctions plus strictes et intervenant plus tôt à l’encontre des pays qui ne respecteraient pas les règles de discipline budgétaire qu’impose une monnaie unique – en contrepartie de tout ce qu’elle apporte à ses détenteurs. Bonne chose, là encore.

Le troisième front est plus large et plus politique. C’est l’idée d’une gouvernance économique de l’Europe, au menu du Conseil du 17 juin. Là, les Européens bégaient, hoquettent, patinent, se divisent, incapables – semble-t-il – de faire prévaloir un intérêt commun, posé en ambition supérieure et qui s’imposerait à tous comme une nécessité historique.

Las ! On est dans le repli national, la frilosité comptable, le "moi d’abord"-et-que-les-autres-s’en- accommodent. Certes, les 16 ministres des finances de la zone euro ont pris une sage décision lundi : les grandes lignes des projets de budget nationaux seront soumises, pour examen préalable, aux autres et à la Commission.

C’est bien, mais insuffisant. Car, pour penser l’instrument du budget comme un élément d’une politique conjoncturelle européenne d’ensemble, il faut aller plus loin. Imaginer un forum où l’on pourrait poser une question aussi incorrecte, mais néanmoins pertinente que celle-là : est-il vraiment dans l’intérêt de l’Union que l’Allemagne adopte aujourd’hui un budget d’austérité drastique quand on voudrait la voir stimuler sa demande intérieure ?

La France propose à juste titre d’imaginer un comité de pilotage des politiques budgétaires, à 16 ou à 27. C’est la bonne voie. Angela Merkel, politiquement affaiblie, n’était pas prête à en discuter hier soir avec Nicolas Sarkozy. Dommage. Sans leur entente, rien n’est possible.

Article paru dans l’édition du 09.06.10

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